Stefan Schneidt ist Mitglied der Jusos Gütersloh, bei FridaysforFuture aktiv und setzt sich für deutlich stärkeren Tier- und Klimaschutz ein. In diesem Text beschreibt er, wie der Klimawandel erst geleugnet, das Thema später nicht engagiert genug angegangen wurde und wieso die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommen gerade auch durch Deutschland so wichtig ist:
Ein Armutszeugnis seit 1977
1977 fanden Wissenschaftler*innen des Mineralölkonzerns ExxonMobil heraus, dass der Klimawandel existiert, eine Bedrohung für uns ist und wir diesen durch das Verbrennen von fossilen Energieträgern anheizen. Schon 1982 konnten die Wissenschaftler*innen ExxonMobils Voraussagen über die Durchschnittstemperatur und den CO2-Gehalt der Atmosphäre im Jahr 2019 treffen. Seitdem ist viel Zeit und Geld ins Land gegangen, um den Klimawandel zu leugnen und effektiven Klimaschutz global zu blockieren.
Das Versagen der Politik
Am 28.03.1995 eröffnete die Deutsche Umweltministerin Angela Merkel die erste Klimakonferenz in Bonn. Die COP 1 gilt als Nachfolgekonferenz zum Umweltgipfel, welcher 1992 in Rio stattfand.
Zwei Jahre später, am 01.12.1997, fand in Japan die dritte Klimakonferenz statt. Das Ergebnis ist für die damalige Zeit historisch. Mit dem Kyoto-Protokoll wurden zum ersten Mal rechtlich verbindliche Ziele für Emissionshöchstmengen für Industrieländer international festgelegt.
Am 07.12.2009 startete die fünfzehnte Klimakonferenz in Kopenhagen. Sie wird mittlerweile auch UN-Klimakonferenz genannt. Das Ergebnis und die Bilder aus Kopenhangen waren desaströs. Menschen waren verzweifelt und weinten, da es zu keiner Einigung zu einer „Kopenhagener Erklärung“ kam. Das Ziel war es, die Erderwärumung auf maximal 2°C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Der 12.12.2015 ist für viele Menschen ein Tag wie jeder andere gewesen. Die meisten werden fünf Jahre später nicht mehr wissen, was sie an diesem Tag getan haben und wieso dieser Tag einer der wichtigsten Tage in diesem Jahrhundert war. Dabei war die COP 21, die UN-Klimakonferenz 2015 in Paris, einzigartig. Das Pariser Klimaschutzabkommen wurde von 195 Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention einstimmig verabschiedet. Die Welt stand Kopf und hat gefeiert. Die Regierungen haben sich feiern lassen und haben gezeigt, dass sie bei wichtigen Themen zusammenhalten können.
Und fünf Jahre später?
Ist ein Kampf entstanden, denn es geht weiter wie bisher. Kein Abkommen der letzten Jahrzehnte hat es geschafft, die Konzentration von CO₂-Äquivalenten in der Luft zu senken. Das Gegenteil ist der Fall, es geht weiter und das in einem vorher nie dagewesenen Tempo. Die weltweit zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen im Jahr 1880 nach Abweichung vom globalen Durchschnitt sind 1998, 2005, 2010, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019. Für viele Menschen ist es ein Kampf von den „Jungen gegen die Alten“, aber nein, so ist es nicht. Es ist ein Kampf um die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens, für den wir jeden Einzelnen benötigen. Der Hashtag #FightFor1Point5 ist mehr als nur ein Hashtag. Es geht hierbei um globale Zukunftsfragen, um Gerechtigkeit und um unsere Existenz auf diesem Planeten.
Die Realität
Deutschland besitzt eine historische Verantwortung. Als sechstgrößter CO₂-Emittent weltweit sehe ich Deutschland in der Pflicht als Vorbild voranzugehen. Insbesondere der Pro-Kopf-Verbrauch ist hier besorgniserregend. Zudem sind sieben der zehn größten Klimasünder Europas in Deutschland beheimatet. Die aktuellen Anstrengungen der Bundesregierung reichen nicht aus um die Bestrebungen des Pariser Klimaschutzabkommens zu gewährleisten. Mit einem Kohleausstieg im Jahr 2038 verabschieden wir uns gleichzeitig auch aus dem Pariser Klimaschutzabkommen.
Time to change or time to say goodbye
Wir konsumieren mehr und werfen deutlich schneller Gegenstände weg. Die Anzahl der Naturkatastrophen, darunter Waldbrände, Strumfluten, Hitzewellen und Dürrephasen, steigt weiter an. Der Klimawandel nimmt schon heute enormen Einfluss auf das globale Wetter. Konflikte und Flüchtlingsbewegungen aufgrund von klimatischen Veränderungen und damit einhergehender Ressourcenknappheit sind schon heute die Realität, insbesondere im unschuldigen Globalen Süden.
Wir müssen verstehen, dass wir Teil der Natur sind und damit unsere Gesundheit vom Zustand der Umwelt abhängig ist. Je mehr wir in die ökologischen Kreisläufe eingreifen, desto stärker wirkt sich das auch auf uns aus. Wie gut es uns geht, hängt vom Zustand der Umwelt ab. Vergiften wir die Umwelt, vergiften wir uns selbst.
In der Hoffnung, dass wir es rechtzeitig verstehen, bevor es ein für alle Male zu spät ist.
Diesen Text widme ich allen Klimaaktivst*innen, die nicht das Privileg haben in einem freien demokratischen Land für ihre Rechte zu demonstrieren. Insbesondere widme ich diesen Text Arshak Makichyan aus Russland und Hilda Flavia Nakabuye aus Uganda.